Liebe Marlena, erzähl erstmal, wer alles zu Deiner Familie gehört und was Ihr beruflich macht.
Also zu unsere Familie gehören mein Mann Anil (33), unsere beiden Töchter (5 und 1) und ich (31).
Mein Mann stammt aus Indien und ist gelernter Koch, seit 2 Jahren hat er nun bei uns in der Stadt ein eigenes Restaurant, das bedeutet er arbeitet teilweise 7 Tage pro Woche von morgens 9 bis nachts um 1. Pro Woche hat er meist einen Tag frei. Ich bin zurzeit noch in Elternzeit mit unserer zweiten Tochter, werde aber ab November wieder 25 Stunden als Logopädin arbeiten und beginne dann auch ein Fernstudium als Familienhelferin.
Dein Mann ist selbstständig. Hat das für dich mehr Vor-oder mehr Nachteile?
Die Selbständigkeit meines Mannes hat mehr Nachteile für uns als Familie. Wir sehen ihn sehr wenig, er nimmt an unserem Familienleben so gut wie gar nicht teil. Die Vorteile sind, dass wir finanziell deutlich unabhängiger sind – so war es für mich jetzt auch möglich, ein halbes Jahr länger Elternzeit zu nehmen. Und natürlich ist es auch angenehm, dass wir mal bei ihm im Restaurant essen gehen können, wenn ich es mal nicht schaffe, selbst zu kochen.
Du sagst, dass Dein Mann wenig am Familienleben teilhaben kann. Wo genau fehlt er Dir?
Mein Mann fehlt mir an allen Ecken und Enden. Ich vermisse ihn sehr bei allen alltäglichen Dingen, einkaufen, sauber machen, kochen, waschen….alles bleibt an mir hängen und das wächst mir manchmal ziemlich über den Kopf. Er fehlt mir bei den Freizeitbeschäftigungen der Kinder und den anderen Terminen, die man mit Kindern so hat. Ich muss immer alles alleine organisieren, ich kann ihn nie fest mit einplanen, weil er nie zuverlässig sagen kann, wann er zu Hause ist.
Am allermeisten vermisse ich ihn aber an den Wochenenden. Es gibt keine Familienausflüge zu viert, ich bin immer alleine mit den Mädels unterwegs. Außerdem besuche ich jede Hochzeit, jedes Familienfest, jedes Grillen bei Freunden alleine. Ich wünschte so sehr, er könnte da dabei sein. Das macht mich oft traurig.
Leidet Dein Mann unter der wenigen Familienzeit?
Mein Mann leidet leider sehr unter der wenigen Familienzeit. Er weiß, dass er so viel verpasst und dass die Kinder nur einmal klein sind. An seinem freien Tag nutzt er deshalb die Zeit mit den Kindern ganz intensiv. Er ist ein wundervoller Vater und hilft mir dann auch mit den Dingen im Haushalt, die liegen geblieben sind.
Wie fühlst Du Dich denn im Alltag?
Ich bin definitiv manchmal neidisch auf Familien, in denen die Aufgaben ganz anders verteilt sind und die Männer mehr übernehmen können. Im Moment bin ich nicht wirklich glücklich mit der Situation, ich würde mir wünschen, dass mein Mann sich mehr Freiräume schaffen kann und vielleicht auch spontan mal frei machen könnte. Die Selbstständigkeit ist schon immer sein Traum gewesen, wir haben den Schritt damals gemeinsam entschieden und ich stehe hinter ihm – aber etwas mehr Familienzeit wäre toll!!
Alleinerziehend mit Mann – empfindest du deine Situation so?
Ja, manchmal fühle ich mich so, aber ich glaube Alleinerziehende haben emotional eine ganz andere Ausgangssituation – denn ich habe ja einen Partner, auch wenn er nicht viel da ist. Seit mein Mann selbstständig ist, habe ich noch viel mehr begriffen, was Alleinerziehende jeden Tag leisten. Das ist wirklich ein Wahnsinns-Job.
Viele meiner Freunde und auch meine Familie haben noch nicht verstanden, was die Selbstständigkeit für mich bedeutet. Ich höre zu oft die Frage, wo mein Mann heute ist und die Antwort ist immer dieselbe – arbeiten. Egal ob Feiertag oder am Wochenende. Ich fühle mich nicht unbedingt alleinerziehend, weil mein Mann an der Erziehung so gut es geht teilhat, aber ja, ich fühle mich oft allein.
Kannst Du Dir manchmal auch Auszeiten für Dich nehmen?
Ich habe dank meiner tollen Eltern ab und zu die Möglichkeit mir eine Auszeit zu nehmen. Leider wohnen sie 100km entfernt, aber einmal im Monat bin ich mit den Kindern dort und dann kümmern sich meine Eltern meistens komplett um die beiden. Dann kann ich mit meinen Freundinnen mal einen Kaffee trinken gehen oder auch mal abends ins Kino. Bei uns zu Hause nehme ich meine Auszeit beim Sport. Unsere Kleine geht dann in die Kinderbetreuung im Fitnesstudio – nach dem Sport bin ich deutlich ausgeglichener und das tut allen gut.
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